Dorfgemeinschaft entwickelt Konzept für Mehrgenerationenhaus
Im Rahmen der Dorfmoderation ist die Idee entstanden und das Konzept gereift: Mit der neuen Hofanlage samt Dorfscheune löst Ferschweiler gleich mehrere strukturelle Probleme. Der mustergültige Ansatz unter dem Motto „jung und alt miteinander – füreinander“ kommt gut an.
Aufgrund des hohen Gebäudeleerstandes in der Dorfmitte und einiger struktureller Herausforderungen wurde Ferschweiler 2016 als Schwerpunktgemeinde im Rahmen der Dorferneuerung anerkannt. Um die Aufgaben anzupacken, wurde der Gemeinde externer Sachverstand zur Seite gestellt. Rosemarie Bitzigeio wurde als Dorfmoderatorin beauftragt. Sie erinnert sich gerne an den konstruktiven Prozess und die gute Zusammenarbeit mit dem damaligen Ortsbürgermeister zurück: „Wir führten Informationsveranstaltungen durch, moderierten verschiedene Arbeitsgruppen und organisierten Ortsrundgänge. Etwa 40 Menschen – jung und alt – brachten sich in der 1.000-Einwohner-Gemeinde mit ihren Kritikpunkten und Ideen ein.“
Chancen erkannt, Herausforderungen angepackt
Die Problemlage war komplex: viel alte Gebäude in der Dorfmitte waren verkommen, das Leben im Ortszentrum verkümmerte, ältere Menschen lebten in zu großen und nicht barrierefreien Häusern während junge Familien keinen Wohnraum mehr fanden. Zudem hatten die Vereine zu wenig Platz für ihre Aktivitäten im bestehenden Dorfgemeinschaftshaus. Aus dem Missstand entstand in gemeinsamer Arbeit eine Vision: Ein verfallenes Gehöft in der Dorfmitte sollte abgerissen werden und dort eine Erweiterung des Dorfgemeinschaftshauses sowie Wohnraum für jung und alt entstehen. Man setzte an das Konzept hohe Ansprüche: es sollte ein Ort für soziales, generationenübergreifendes Miteinander werden, die Eifeler Baukultur Berücksichtigung finden sowie nachhaltig und ressourcenschonend gebaut werden. Die Idee der Mehrgenerationen-Hofanlage mit öffentlicher Dorfscheue nahm Schritt für Schritt konkrete Gestalt an. Doch zunächst ließ sich kein Investor für dieses visionäre Vorhaben finden – bis Rosemarie Bitzigeio und ihr Ehemann beschlossen, das Wohnprojekt selbst als Bauherren zu realisieren. Die Dorfscheune als Nebengebäude des benachbarten Dorfgemeinschaftshauses baute die Gemeinde – mit Hilfe von 500.000 Euro Fördermittel aus der Dorferneuerung und jede Menge Eigenleistung durch die Bürgerinnen und Bürger des Ortes.
Leuchtturmprojekt in der Ortsmitte
Was dann in den Jahren 2020-2023 als privat-öffentliches Gesamtkonzept entstand, sorgt im Ort für große Begeisterung. In zwei gegenüberliegenden Mehrgenerationenhäusern – architektonisch angelehnt an den Stil Eifeler Bauernhäuser – sind 11 Wohneinheiten entstanden: Starterwohnungen für junge Singles, barrierefreie Wohnungen für ältere und eine großzügige Familienwohnung. „Viele der heutigen Bewohner stammen direkt aus dem Ort, andere zogen aufgrund des Konzeptes hierher, auch aus dem benachbarten Luxemburg oder Menschen mit Wurzeln in Spanien und der Türkei.“ Bunt und vielfältig geht es auf dem Hof zu, der schön gestaltete Innenhof mit „Plauderbank“, die verbindenden Balkone oder die gemeinsamen Grünflächen mit öffentlichem Bouleplatz beflügeln das generationenübergreifende Miteinander. Für gemeinsame oder private Anlässe können die Bewohner die Räumlichkeiten der angrenzenden Dorfscheune mitnutzen.
Und auch diese bringt Leben ins kleine Quartier. Monatlich findet dort ein regionaler Markt statt, es gibt eine gemeinsame Dorf-Werkstatt mit verschiedenen Angeboten in der jung und alt voneinander lernen, zudem entstand Platz für einen Jugendtreff und vielfältige Aktivitäten. All dies wird ehrenamtlich organisiert und koordiniert durch den neu gegründeten Verein Plateau-Gemeinschaft Ferschweiler.
Neben den sozialen und gestalterischen Kriterien wurden auch viele ökologische Aspekte im Projekt berücksichtigt: So wurden die Steine des Abbruches beim Neubau der Dorfscheune wiederverwendet. Und der gesamte Komplex inklusive der benachbarten Wohnhäuser wird durch ein umweltfreundliches Nahwärmenetzwerk versorgt. Somit hat das Gesamtvorhaben in jeglicher Hinsicht eine nachhaltige Vorbildfunktion und kann als Inspiration für andere Gemeinden der Eifel dienen.