Künstliche Intelligenz steuert nachhaltige Versorgung
Eine sichere Trinkwasserversorgung, schnelle Glasfaserverbindungen und ein regionaler Energieabgleich auf Basis erneuerbarer Energien – die Ziele des Regionalen Verbundsystems Westeifel sind hoch gesteckt. Das spartenübergreifende Infrastrukturprojekt ist intelligent und ressourcenschonend vernetzt.
Mit dem „Regionalen Verbundsystem Westeifel“ machen die Landwerke Eifel (LWE) zusammen mit der Kommunalen Netze Eifel (KNE) ihre Region fit für die Zukunft: Kernstück des Projekts ist der Neubau einer integrierten, rund 80 Kilometer langen unterirdischen Nord-Süd-Trasse, ergänzt durch eine rund 45 Kilometer lange Ost-West-Trasse. Neben der Transportleitung für Trinkwasser wurden – je nach Abschnitt – Leitungen verschiedener Sparten wie Biogas oder Glasfasernetze mitverlegt. Durch die Einbindung regionaler Erzeugungsanlagen und die Optimierung und intelligente Steuerung der Lastprofile schafft das Projekt zudem wichtige Voraussetzungen für einen Energieabgleich in der Region. Die Idee dafür hatten Arndt Müller und Helfried Welsch von den Stadtwerken Trier (SWT) vor rund zehn Jahren und haben diese dann zusammen mit kommunalen und privaten Partnern in der Region entwickelt.
Sichere Trinkwasserversorgung wird zum Stromspeicher
Das neue Trinkwassertransportnetz verbindet leistungsstarke Gewinnungs- und Aufbereitungsanlagen zwischen der Oleftalsperre im Norden und der Riveristalsperre im Süden des Projektraumes Westeifel. „Die neue Transportleitung sorgt so für ein Höchstmaß an Versorgungssicherheit für alle Projektpartner und erlaubt darüber hinaus die Nutzung des Wasserdargebots über die Verbandsgemeindegrenzen hinaus. So sind wir auch vor dem Hintergrund des aktuellen Klimawandels langfristig sehr gut aufgestellt“, erläutert SWT-Trinkwasserexperte Helfried Welsch, inzwischen auch Vorstand der Eifelgesellschaften (KNE und LWE). Und nicht nur das: Durch die Transportleitung und das Höhenprofil im Projektgebiet kann – vereinfacht gesagt – die Fließrichtung des Wassers umgedreht werden. Statt Trinkwasser innerhalb der kommunalen Grenzen auf den Berg zu pumpen, nutzt das Projekt den natürlichen Geländeverlauf, um das Trinkwasser von Nord nach Süd fließen zu lassen. Das spart in Summe rund eine Million Kilowattstunden Pumpenergie im Jahr. Durch den Einsatz von Turbinen beziehungsweise rückwärtslaufenden Pumpen im Trinkwassernetz können zusätzlich rund 500.000 Kilowattstunden pro Jahr erzeugt werden. Das Projekt betrachtet zudem auch die Nutzung der Lageenergie der vorhandenen Infrastruktur als Speichermedium. Was heißt das konkret? „Wir nutzen die vorhandenen Hochbehälter, um die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in der Region anteilig auszuregeln. Viele der über hundert Trinkwasserbehälter in der Region werden derzeit rein nach Wasserbedarf geführt, das heißt, gefüllt und entleert. Ziel unseres Projekts ist es, die Pumpenergie zur Befüllung der Behälter dann einzusetzen, wenn Überschussstrom aus regionalen erneuerbaren Energien vorhanden ist. Und dabei kommt KI zum Einsatz“, so Welsch weiter.
Regionales Biomethan ergänzt Wind- und Sonnenstrom
Im Rahmen des Projekts haben die Anteilseigner der Biogaspartner Bitburg GmbH (SWT Stadtwerke Trier Versorgungs-GmbH, Entsorgungsbetrieb Luzia Francois GmbH und KNE) in der Nähe des Bitburger Flugplatzes eine Biogas-Aufbereitungsanlage mitsamt Speicher gebaut und sieben vorhandene Biogasanlagen durch eine 45 km lange Leitung vernetzt. Seit dem Sommer 2020 produziert die Anlage regionales Bio-Methan, das vor Ort in das bereits vorhandene Erdgasnetz eingespeist wird. „Damit verdrängen wir fossiles Importgas und reduzieren den CO2-Ausstoß“, erläutert SWT-Vorstand Müller. Den Betreibern der Biogasanlagen sichert die neue Verwendung des Biogases eine wirtschaftliche Perspektive nach der EEG-Förderung. Ähnliche Projekte sind auch in der Eifel und im Hunsrück in Planung. „Perspektivisch könnten wir mit einer Wasserstoffproduktion aus erneuerbarem Überschussstrom und dem beim Aufbereitungsprozess aus dem Biogas abgespaltenen CO2 die eingespeiste Methanmenge nahezu verdoppeln und die erneuerbare Energie aus den Sommermonaten für den Winter einspeichern“, erklärt SWT-Vorstand Müller.
Sektorkopplung: Strom- und Wärmewende gemeinsam denken
Durch die Speicherung im Erdgasnetz ist die Regio-Energie flexibel einsetzbar und kann wetterbedingten Schwankungen der regionalen Wind- und Solarenergie ausgleichen. „Vor diesem Hintergrund spielt für uns die Um-Nutzung der vorhandenen Erdgasinfrastruktur als Speicherbaustein eine wichtige neue Rolle für das Gelingen der regionalen Energiewende“, so Müller weiter. Mit dem Einsatz des Bio-Methans in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in städtischen Quartieren produzieren die Stadtwerke Trier einerseits grüne Wärme und können andererseits die Stromerzeugung der erneuerbaren Energien optimal ergänzen. KI-gesteuert bieten die vorhandenen Blockheizkraftwerke an den dezentralen Biogasanlagen zusätzliches Flexibilitätspotenzial. „Diese Sektorkopplung ist aus unserer Sicht zwingend notwendig, um die erforderlichen Residuallasten für eine Stromversorgung auf Basis der erneuerbaren Energien langfristig sicherzustellen“, so Müller abschließend.