Die Heimat der roten Teppiche
Es ist die letzte in Deutschland produzierende Manufaktur ihrer Art: die Kokosweberei August Schär KG in Eisenschmitt. Mit Nachhaltigkeit und online-Shop ist die Brücke zur Moderne geschlagen.
Vor rund hundert Jahren begann die Geschichte der Kokosweberei in Bochum, als der Marinesoldat August Schär nach einem Unfall eine neue berufliche Zukunft brauchte und etwas Handfestes wollte. Nach einer kurzen Zwischenstation als freier Eigenbetrieb im Kölner Klingelpütz siedelte die Firma 1938 in die Eifel über, denn dort stand ein ehemaliges Färbereigebäude leer. Seitdem ist die Kokosweberei einer jener familiär geführten Betriebe in der Region, der solide Handwerkstradition und Moderne miteinander verbindet. Die mechanischen Webstühle, auf denen das einzigartig robuste, aus indischen Kokosfasern gewonnene Garn verarbeitet wird, stammen aus den 1950er Jahren. „Kein Hightech-Gerät mit Digitalisierung könnte das Naturmaterial mit seinen charakteristischen kleinen Unregelmäßigkeiten so zuverlässig weben und so eine hochwertige Qualität erreichen“, sagt Georg Fritzsche, Enkel des Firmengründers. Er übertreibt nicht, was allein schon durch die noble Kundschaft bewiesen wird: Die Teppiche aus Eisenschmitt liegen – in Handarbeit strahlend rot eingefärbt – bei feierlichen Empfängen den Staatslenkern aus aller Welt oder den Päpsten zu Füßen. Auch bei der Fußball-WM 2006 kamen rote Teppiche aus dem Eifeldorf zum Einsatz.
Teppiche vom Baum des Himmels
Die Kokosweberei Schär ist deutschlandweit die einzige von einstmals mehr als dreißig, die überlebte. Früher wurden Schiffspfänder, Sprungbrettläufer, Autoteppiche oder Kohlensäcke aus der widerstandsfähigen Faser hergestellt. Geblieben sind Teppiche, Matten und Läufer, die für Außengelände, Arbeitsräume, Treppen oder natürlich auch Wohnräume geeignet sind. „Nicht umsonst heißt die Kokospalme auch ‚Baum des Himmels‘“, begeistert sich Fritzsche für den nachwachsenden und somit nachhaltigen Rohstoff, der in Indien zu fairen Löhnen und in geregelten Verhältnissen vorverarbeitet wird. Er war selbst vor Ort und kennt die meisten Lieferanten; sein Sohn Alexander, der die Manufaktur übernehmen wird, setzt dieses Sich-Kümmern fort. Die Kokosweberei übernimmt selbst den Import und weiß daher, wofür sie einsteht. „Die Fasern sind von Natur aus feuerbeständig und resistent gegen Ungeziefer, Bakterien oder Schimmel, sie können Feuchtigkeit aufnehmen und rasch wieder abgeben.“ Die Vorteile der Naturfaser sind vielfach wissenschaftlich belegt, so Fritzsche. Seine Weberei verarbeitet mit Sisal aus Agaven und Jute weitere nachwachsende Materialien, doch Kokos ist und bleibt der Schwerpunkt.
Besondere Wohnraumqualität zum Leben
Die zusammengepressten Garne erhalten in der Kokosweberei Schär ihre Veredelung und Färbung. Nicht nur das klassische Rot ist im Programm, sondern es gibt auch Teppiche und Läufer in Naturtönen oder in wechselnden vielfarbigen Mustern. „Diese Neuerungen sind auf den mechanischen Webstühlen immer recht aufwändig zu produzieren“, schildert Fritzsche die besondere Manufakturqualität. Die sehr haltbaren Produkte gehen von Eisenschmitt an große Auftraggeber in aller Welt. Alle fünf bis zehn Jahre werden die buchstäblich staatstragenden Teppiche und Läufer erneuert – so langlebig sind sie trotz hoher Beanspruchung. Wer als Privatmensch für den Hausgebrauch ein gewebtes Stück vom Baum des Himmels will, der wendet sich an den online-Shop www.mattenwerk.eu oder an ausgewählte Raumausstatter und Spezialgeschäfte. Modern ist auch das Selbstverständnis als Arbeitgeber: mit flexiblen, so weit als möglich auf die Arbeitnehmerbedürfnisse angepassten Arbeitszeiten und einem schicken Aufenthaltsraum. Das urige und bodenständige Handwerk ist offen für Trends, die sich positiv auf den Bestand und die Zukunftsfähigkeit auswirken.