Handwerk, Hochschule und Holz schaffen innovativen Verbund
Holz aus Eifeler Wäldern ist als Baustoff im Bauhandwerk gefragt, hauptsächlich im Hausbau und für die Möbelfertigung. Doch Holz kann noch mehr. Um neue Produkt- und Geschäftsfelder zu erkunden, erforscht die Zimmerei Floss aus Schönecken gemeinsam mit der Hochschule Trier neue Anwendungsfelder.
Den Grundstein für die zukunftsweisende Entwicklungspartnerschaft legte Peter Floss, der in der 4.Generation die familieneigene Zimmerei im Eifelort Schönecken führte: Um dem nachwachsenden Baustoff mehr Gewicht zu verleihen, machte er sich für einen Architekturlehrstuhl Holzbau an der Fachhochschule Trier stark. Mit Erfolg: 2010 wurde das Holzkompetenzzentrum Trier am Lehr- und Forschungsgebiet Holz der FH Trier gegründet. Neben dem Lehrauftrag für Holzbau-Architektur wird hier intensiv an neuen Bauweisen, Technologien und Verfahren rund ums Bauen mit Holz geforscht. Das Bestreben ist es, die Kompetenz von Planern zu erweitern und gleichzeitig den Marktanteil des Holzbaus zu erhöhen.
Innovatives Verbindungssystem
für neue Holzbau-Anwendungen
Seit Jahrzehnten setzt man bei Floss bereits auf die heimische Douglasie für den Bau von ökologischen Holzhäusern. Um herauszufinden, wie das harte Eifeler Holz für weitere Lösungen im Ingenieurbau angewendet werden kann, startete der Produzent der Regionalmarke Eifel mit dem Kompetenzzentrum ein erstes Forschungsprojekt. Es entstand ein Tragwerksystem, welches die natürlich getrockneten Rundhölzer mithilfe von Verbindungsknoten zu flächenhaften Bauteilen oder dreidimensionalen Stabtragwerken zusammenfügt. Entwickelt wurden Knoten aus Sonderbeton, die wie ein Steckkastensystem die Rundhölzer verbinden. Bei diesem System werden fast ausschließlich natürliche Baustoffe eingesetzt und die unterschiedlichen Materialeigenschaften werden im Sinne der Nachhaltigkeit bestmöglich miteinander kombiniert. Dies war dem Zimmereibetrieb wichtig: „Bei unseren Projekten verfolgen wir immer einen nachhaltigen Ansatz“, so Martin Floss, der mittlerweile mit seinem Bruder Jochen den Betrieb in nächster Generation führt. „Die Materialien können nach vielen Jahrzehnten im Einsatz problemlos demontiert und voneinander getrennt werden und als Einzelkomponenten dem Materialkreislauf wieder zurückgefügt werden. Der Polymerbeton selbst kann recycelt und im Betonbau wiederverwendet werden.“ Als konkretes Anwendungsprojekt wurde der Bau einer Holzbrücke ins Auge gefasst. Über zwei Jahre forschten Studierende und Zimmerleute gemeinsam in den Werkhallen des Holzbauunternehmens sowie im Versuchslabor der FH unter Federführung des Institutsleiters Prof. Dr. Wieland Becker. Der Prototyp, finanziell co-gefördert mit EU-Mitteln, wurde 2016 fertiggestellt und der Gemeinde Schönecken übergeben: eine Rad- und Fußgängerbrücke, welche die neue Ortsmitte barrierefrei anbindet und an den neu entstandenen Fahrradweg durch das Nimstal anschließt.
Die Entwicklung geht weiter
Mit dem Rundholz-Tragwerksystem setzen die Entwickler einen Meilenstein für den Holz-Ingenieurbau. Das sah auch die Jury des Holzbaupreises Eifel so, die das System 2016 auszeichnete. Viele Vorteile liegen auf der Hand: Die regionale Wertschöpfungskette wird gestärkt, die Umwelt durch natürliche Rohstoffe, kurze Transportwege, sparsamen Materialeinsatz und den Cradle-to-Cradle-Ansatz geschont. Die Formen für die Knotenverbindungen können über einen 3D-Drucker erstellt und mehrfach verwendet werden. Zudem sind die Brücken langlebig und können mit konventionellen Holzbrücken mithalten – zu dem Ergebnis kam Martin Floss im Rahmen seiner Masterarbeit. Zwischenzeitlich sind bereits viele weitere Anwendungsbeispiele auf Basis des Holz-Tragwerksystems in der Region realisiert worden wie beispielsweise ein Solarcarport für die neuen Elektrofahrzeuge des Forstamtes Trier oder ein Pavillon auf dem Hochschul-Campus. Martin Floss gesteht, dass die Entwicklung ein langjähriger Prozess ist, der Ausdauer verlangt: „Wir befinden uns noch immer in einer Erprobungsphase. Bis wir für uns verlässliche Kalkulationen aufstellen können, werden wir noch einige weitere Pilotprojekte realisieren.“ Vom Erfolg ist er überzeugt – das System wurde daher bereits früh zusammen mit der Hochschule patentrechtlich geschützt. Überzeugt ist er auch von der Kooperation mit der Hochschule, die seinen Betrieb bei der künftigen Entwicklung weiterbringen wird – neue Forschungsideen sind daher auch bereits in der Pipeline. Der Betriebsinhaber möchte jeden Unternehmer mit Ideen dazu animieren, den Kontakt zur Hochschule zu suchen. Die Hochschule hat mit praktischen Ansätzen ihre Forschung aufgebaut und gezeigt, wie innovativ Ideen auch umgesetzt werden können.