„Gemeinsam statt einsam“
Der Name ist kompliziert: „Genossenschaft am Pulvermaar – eine sorgende Gemeinschaft“ eG. Die Idee der kurz Genomaar genannten Initiative jedoch ist griffig. Ihr mit viel Ehrenamt neu gebauter Florinshof bietet in Gillenfeld erschwingliches Wohnen und Selbstständigkeit sowie Unterstützung bis ins hohe Alter.
Schon viele Jahre lang partizipiert das 1500-Einwohner-Dorf Gillenfeld am WEGE-Prozess der Verbandsgemeinde Daun: Das Motto „Wandel erfolgreich gestalten“ steckt dahinter und beinhaltet unter anderem Zukunftskonferenzen, in denen die BürgerInnen und Räte der Ortsgemeinden Vorschläge und Konzepte für ein lebendiges Miteinander entwickeln. In einer Arbeitsgruppe des Gillenfelder Gemeinderates war bereits zuvor die Frage aufgekommen, wie Menschen im Dorf möglichst lange selbstständig und ohne Altenheim leben können, wenn jedoch das bisherige Zuhause ungeeignet geworden ist. Die Antwort lieferte eine gemeindeeigene Gewerbebrache: Hier baute die 2014 gegründete Genomaar mit einem punktgenau eingehaltenen Volumen von 2,5 Millionen Euro den aus zwei modernen Komplexen bestehenden Florinshof. Er wurde zu einem Leuchtturmprojekt des WEGE-Prozesses. In den insgesamt 13 Wohnungen mit Größen von 60 bis 80 Quadratmetern leben Singles und Paare – überwiegend RentnerInnen, doch eine Altersgrenze nach unten gibt es nicht.
Anpacken und Lösungen finden!
„Wir wollten kein Altenheim“, beschreiben Genomaar-Vorstandsvorsitzender Frank Blaeser und Aufsichtsratsvorsitzender Tim Becker die Ausrichtung, „sondern eine barrierearme und seniorengerechte Wohnanlage für alle Generationen, die viel Begegnung und Gemeinschaftsleben möglich macht. Sie steht mitten im Dorf, so dass die Bewohner in den lebendigen Alltag integriert sind und Läden, Ärzte oder Gastronomie in Gillenfeld fußläufig erreichen können.“ Falls Pflege benötigt wird, ist die Organisation leicht, denn ein Caritas-Büro ist in der Anlage angesiedelt. Doch bislang waren Pflegeleistungen nicht notwendig und für einen genügend komfortablen Alltag sorgt das umfassende Facility-Management. Es ist wohl auch das Gemeinschaftsleben, das jung und aktiv hält. „Die Menschen im Florinshof organisieren regelmäßig Events oder Ausflüge, sie besuchen zusammen die Cafés im Ort oder sie engagieren sich für die Kita im Dorf. Und der Gemeinschaftsraum des Florinshofes ist umgekehrt Location für Veranstaltungen, die sich auch für die anderen Dorfbewohner öffnen.“ Das Geben und Nehmen funktioniert in alle Richtungen.
Eine Genossenschaft für Menschlichkeit
Das gilt auch für die derzeit rund 120 Genossenschaftsmitglieder, die zwar aus Überzeugung von der Idee Anteile an der Genomaar halten, aber nicht im Florinshof leben und gegebenenfalls auf der Warteliste stehen. Für die Anteile kann es sehr günstige KfW-Kredite geben, falls kein Erspartes vorhanden ist. Höhe und Dauer der Einlagen bestimmen über die Position auf der Warteliste. „Die Genossenschaft bietet den Aktiven über das Wohnen hinaus Schulungen etwa zu guter Kommunikation oder zu Konfliktlösungsstrategien“, erzählt Kulturwissenschaftler Tim Becker. „Schon im Vorfeld während der Konzeptions-, Planungs- und Bauphase zeichnete sich aus, dass die Gillenfelder mit hoher Professionalität und Wertschätzung ans Werk gingen. Das passt zur Eifeler Mentalität, mit der das Projekt gestemmt wurde.“ Tim Becker und Frank Blaeser sind überzeugt, dass das Konzept des Florinshofes auch in anderen Dörfern rund ums Pulvermaar umsetzbar und zudem auch auf Bestandsbauten übertragbar ist. „Wir haben noch viele Ideen, etwa für Mehrgenerationenhäuser, welche die Gemeinschaftlichkeit einer Großfamilie nachbilden.“ Die Genossenschaft am Pulvermaar gilt mittlerweile landesweit als Vorbild und bekommt Besuch von informationshungrigen Menschen aus anderen Regionen, die ähnliches im Sinn haben.