Biogas Anlage, © Eifel Tourismus GmbH

Wenn wachsende Rohstoffe den Alltag verändern – Bioenergiedorf Niederbettingen

HHeizung und Strom vom Bauern nebenan, das geht! Im zu Hillesheim gehörenden Ortsteil Niederbettingen versorgt die Blum Biogas GmbH & Co. KG rund achtzig Prozent der Haushalte mit Wärme, der Strom wird ins allgemeine Netz eingespeist. Dahinter steckt ein Kraftpaket vom Acker und vor allem die Tatkraft des Landwirts René Blum.

Wer genau hinschaut, sieht schon ein paar Kilometer vor dem Dorf Niederbettingen, dass hier auf einem großen Acker anderes gedeiht als üblich: Durchwachsene Silphie heißt die Pflanze, deren hoher Wuchs und goldgelbe Blüten an Sonnenblumen erinnern. Doch zur Speiseölgewinnung oder als Wohnzimmerzierde taugt sie nicht, ihre Nutzung bietet andere Vorteile für Mensch und Klima. „Für unsere Biogasanlagen benötigen wir unter anderem Mais und werden das auch weiterhin tun“, erläutert René Blum die Hintergründe, „aber auf einer der abschüssigen Flächen hatte Starkregen zu vermehrter Erosion geführt. Kein Bauer will, dass sein wertvollstes Gut einfach davongeschwemmt wird. Also haben wir uns nach einer für Bio-Energie nutzbaren Pflanze umgeschaut, deren dichtes Wurzelwerk und lückenlose Bodenabdeckung einen größtmöglichen Erosionsschutz bietet.“ Die Silphie wird zunehmend als nachwachsender Rohstoff entdeckt, wenngleich ihre Flächen in der Eifel noch im Erprobungsstadium sind und klar ist, dass sie nicht dieselbe hohe Energiebilanz für Biogas liefern wie Maiskulturen.

Akzeptanz ist wichtig für klimaneutrale Energie

„Aber Silphie hat noch andere wichtige Vorteile, die den im Vergleich zu Mais geringeren Ertrag teilweise wettmachen: Sie ist nach der vergleichsweise kostenintensiven Aussaat dauerhaft pflegeleicht und kann fünfzehn Jahre lang am selben Standort wachsen. Sie benötigt keine Herbizide, Düngung und Bodenbearbeitung. Sie dient der Artenvielfalt und ist sehr insektenfreundlich. Und vor allem hat sie dank ihrer Optik eine gute Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Das war und ist für René Blum ein wichtiger Aspekt, um aus seiner Heimatgemeinde mit 100 Haushalten ein vorbildliches, ausgezeichnetes Bioenergiedorf zu machen. Derzeit sind 75 Haushalte an das vom Hof ausgehende Nahwärmenetz angeschlossen, bald werden es mindestens 84 sein. Öl- und Gasheizungen wurden überflüssig, kosten- und verbrauchstransparente Verträge mit den Abnehmern wurden geschlossen, Leerrohre wurden in Eigenregie zu jedem Gebäude und zu jedem Grundstück im Dorf verlegt. Mit derselben Trasse erfolgte auch die umfassende Glasfaseranbindung bis ins Haus (FTTH, “fiber to the home”), so dass Niederbettingen mit bis zu 500 Mbit pro Sekunde bereits 2013 wohl eines der schnellsten Internetdörfer Deutschlands war. „Der Bau und die Einbeziehung wirklich aller Bürgerinnen und Bürger hat zudem sozial viel Positives bewirkt“, schildert Blum einen intensivierten Zusammenhalt. Zäune wurden abgebaut, auf der Trasse entstanden blühende Gärten. „Homeoffice mit Arbeitsplätzen vor Ort, generationenübergreifende Wohnmodelle und vieles mehr ist möglich… letztlich dank des Anstoßes, den das Biogaskonzept in die nahen Haushalte gab.“

Ökonomisches und ökologisches Kraftpaket

Von Anfang an wusste der passionierte Landwirt, dessen Familie wegen der Milchpreiskrise die Viehhaltung aufgab, dass er beides erzeugen will: Strom und Wärme. „Biogas ist derzeit schließlich der einzige Weg, regenerative Energie auch zu speichern und wetterunabhängig zu erzeugen.“ Der eingespeiste Strom entspricht rund 4,2 Millionen Kilowattstunden und deckt somit dem Verbrauch von etwa 1600 Haushalten. „Das wäre in etwa die Stadt Gerolstein mit 6000 Einwohnern.“ Die Abwärme der Stromerzeugung ersetzt den Nutzern in Niederbettingen rund 200.000 Liter Heizöl und 640 Tonnen CO2-Ausstoß im Jahr. Für Spitzenlasten im Winter gibt es einen Holzhackschnitzel-Kessel. Gesteuert wird das Ganze mit Hightech. „Letztlich erreichen wir einen nahezu hundertprozentigen Nutzungsgrad“, freut sich René Blum über eine vorbildliche Energiebilanz. Er hofft, dass Biogasanlagen wieder in die Förderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz kommen und so auch anderen Landwirten und Dörfern Mut gemacht wird, eine dezentrale, ökonomisch und ökologisch gute Lösung aufzubauen. Silphie kann dabei ein zukunftsträchtiger Faktor sein, wenn es um Artenvielfalt, Bodenschutz und Bürgerakzeptanz geht.

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Portrait Blum, © Eifel Tourismus GmbH

Unser Konzept, Biogas für Strom und Nahwärme zu nutzen, ist auch für größere Märkte geeignet. Und es ermöglicht es überzeugten Landwirten, unserem Beruf treu zu bleiben und die Kulturlandschaft zu erhalten.

René Blum - Landwirt und Geschäftsführer

Nahwärmenetz Niederbettingen

Bergfelderhof
Niederbettingen 54576
Telefon: +49 171 5451588

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