Kleider machen Leute, Menschen machen Kleider
Ihr Wissen als Schneidermeisterin weiterzugeben ist die Leidenschaft von Brigitte Pappe. Sie gründete in Moselkern, am Eifeler Flussufer, die Akademie der Kleidermacher.
In einem historischen Gebäude mit Blick auf Mosel und Eifelhänge sind die Zeichen für kreatives Schaffen nicht zu übersehen: Nähmaschinen, Stoffballen, Garnrollen, Scheren und Schneiderpuppen verraten, dass hier individuelle Kleidung entsteht. Und doch ist es kein klassisches Modedesigner-Atelier, sondern es sind die Räume einer kleinen privaten Akademie, in der Laien und Fortgeschrittene in die Kunst des Kleidermachens eingeweiht werden. Sie wurde mit ersten Kursen im Jahr 2015 von Schneidermeisterin Brigitte Pappe gegründet und eröffnet. Sie selbst wurde durch eigene Erfahrungen dazu inspiriert, denn sie ist in ihrem Beruf Quereinsteigerin und wusste, wie schwer es jenseits von VHS-Kursen ist, das Handwerk in intensiven Schulungen zu lernen, ohne eine klassische Gesellenausbildung zu absolvieren. Doch das Interesse von Menschen, die sich ihre individuelle Mode selbst auf den Leib schneidern wollen, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Viele sehen das Nähen als erfüllendes Hobby oder wollen es als Nebenerwerb ausüben.
Sich konzentrieren können auf das Eigene
All diese Menschen – mit und ohne Vorkenntnisse, Männer ebenso wie Frauen – sind in der Akademie der Kleidermacher gut aufgehoben. Sie bietet darüber hinaus eine Meisterklasse als berufsbegleitenden Blockunterricht ebenso an wie studienvorbereitende Praktika. Andere Workshops drehen sich um das fantasievolle Upcycling gebrauchter Textilien oder Kleidung hin zu einzigartiger Mode. Das Besondere sind die perfekten Lernbedingungen, denn alle Bildungsangebote umfassen maximal vier oder fünf Teilnehmende. „Sie können Stücke ganz nah ihrem eigenen Geschmack und Stil fertigen und sind natürlich selbst dafür verantwortlich, wie präzise oder wie leger das Ergebnis ausfällt. Da gibt es immer eigene Neigungen und Vorlieben. Aber ich bringe das Einmaleins des Handwerks bei und zeige die Kniffe des Schneiderns“, sagt die passionierte Wissensvermittlerin. Mindestens dreieinhalb Stunden dauert eine Unterrichtseinheit, es gibt aber auch achtstündige Tagesveranstaltungen. Immer ist Zeit und Konzentration genug da, um in der kreativen und familiären Umgebung das zu verwirklichen, was gewünscht ist.
Unikate statt Fast Fashion
Brigitte Pappe ist überzeugt, dass die Nachfrage nach professionellen SchneiderInnen oder guten Quereinsteigern steigen wird. „Es gibt immer mehr Designer, denen jedoch das Handwerkliche fehlt… das muss zusammengehen.“ Auch kommt ihr der Trend zur Nachhaltigkeit und Wertigkeit entgegen. „Was man selbst herstellt, und sei es aus gebrauchten Stoffen, erzeugt ein ganz anderes Lebensgefühl als Fast Fashion, in denen man wie uniformiert ist.“ Sie weckt gern in anderen Menschen neue Ideen und Talente, stößt Projekte an und nutzt die Kenntnisse ihres ersten Berufes. Bevor sie Schneidermeisterin wurde, war sie Betriebswirtin, zudem ist sie erfahren in der Personalführung. All das kennzeichnet sie und die Akademie-Arbeit, die sich weniger der Haute Couture für erlesene Ateliers nah fühlt als der bodenständigen Förderung von Wissen und Können für Menschen, die gute nachhaltige Kleidung in ihren Alltag einbinden wollen. Auf Veranstaltungen wie Kunsthandwerkermärkten präsentiert Brigitte Pappe Stücke, die in der Akademie designt und genäht wurden… und macht so Lust darauf, den uralten Menschheitsberuf des Schneiderns neu kennen zu lernen.